Donnerstag, 19. Februar 2004
Man möge mir bitte widersprechen
Mit fortschreitendem Alter wird es nicht nur anstrengender, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, sondern auch, die Leute dafür aufzutreiben. Sämtliche alte Freunde stecken mittlerweile tief in einer Partnerschaft, aus der für ein Wochenende zu entkommen offenbar nicht wirklich einfach ist.
Wenn ich mir aber vornehme, neue Leute, neue Freunde kennenzulernen, stelle ich mich immer mehr vor eine schwer zu lösende Aufgabe. Kam ich früher noch mit mindestens einer neuen Bekanntschaft vom Wochenende in die Woche und konnte mir die interessanteren, netteren aussuchen, ist es mittlerweile schon schwierig, mich überhaupt selbst für die notwendige Kontaktfreudigkeit zu motivieren. Und ohne diese geht es halt nicht.
Jetzt ist mir auch klar, warum viele schon Mitte Zwanzig die Notbremse ziehen und sich mit einem Partner absichern:
Sie haben einfach schon bald erkannt, dass man Mitte seines Leben seinfach nicht mehr der Renner auf jeder Party ist und dass Singletum vielleicht den großen Vorteil der Freiheit hat, diese aber im Alter sehr schnell zur Einsamkeit wird, wenn man niemanden hat, mit dem man sie Teilen kann.

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Mittwoch, 18. Februar 2004
Oh Mann
War am Wochenende auf die Faschingsparty eines Freundes eingeladen. Hatte mich als Neo aus Matrix verkleidet, sogar mit dem Original Handy in meiner Hand. Leider lief das Fest darauf hinaus, dass mich jeder meiner Bekannten dort mit irgendeiner anderen Frau verkuppeln wollte, bis ich schließlich sturzbesoffen, küssend mit einer mir völlig Unbekannten in der Ecke einer höchst dubiosen Diskothek gelandet bin.
Endergebnis: einen lästigen Freund, der mir jetzt einreden will, diejenige wäre meine Traumfrau und absolut höllische Rückenschmerzen, die ich nur mit einer Kombination von zwei starken Schmerztabletten im Zaum halten kann. Dass ich davon höchst seltsam im Kopf werde muss ich halt in Kauf nehmen.

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Freitag, 13. Februar 2004
Back to the roots
Hab heute wieder mal meine Mutter besucht, wie ich es fast jede Woche mache. Über das Problem meiner Großtante (94) , die schön langsam professionelle Haus-Pflege braucht aber nicht will, sind wir in ein ziemlich heftiges Gespräch geschlittert, an dessen Ende der Satz stand: Mutter: "Damit du mich verstehen könntest, müsstest du mich lieben. Das tust du aber nicht."

Auf der Heimfahrt fühlte ich mich seit langem wieder wie zwölf.

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Dienstag, 10. Februar 2004
Begegnung der telefonischen Art
Vor einigen Wochen ruft mich eine junge Frau am Handy an und teilt mir mit, sie sei von einer Jobvermittlungsfirma und melde sich auf mein Gesuch hin. Das muß ein Irrtum sein, sage ich, ich habe nämlich bereits einen Fulltime-Job. Daraufhin meint sie, ich oder jemand anders in meinem Namen hätte im Frühjahr letzten Jahres einen Antrag gestellt. Wie als Beweis nennt sie mir auch noch meinen Namen und meine Postleitzahl.
Nur scheint sie nicht zu wissen, dass ich in besagtem Frühjahr letzten Jahres noch noch woanders gewohnt hatte! Als ich sie darauf anspreche, kommt sie etwas aus der Fassung und erwähnt nur noch mal, dass ihre Firma eine sehr seriöse sei und ich mir somit keinerlei Sorgen zu machen bräuchte. Ich sage ihr, sie soll mir halt einen Zweitjob besorgen (eigentlich im Scherz) sie sagt "klar!" und legt auf.
Vor einigen Tagen ruft sie mich wieder an (wieder mit unterdrückter Nummer) um mir mitzuteilen, sie hätte nun einen geeigneten Job für mich. Das wäre genau das richtige für mich und zwar solle ich irgendwelchen Frauen irgendwelche Sachen im EDV-Bereich beibringen. ?!? Ich frag sie was das soll, sie darauf, das wäre der Job den ich haben wollte. Daraufhin ich, ich glaube ihnen kein Wort, sie machen auf mich einen höchst unprofessionellen Eindruck und deswegen beende ich das Gespräch, und lege auf.

Seither frage ich mich, was das sollte. Die Verrückte wollte mir ja nichts verkaufen, also wozu der ganze Aufwand? Sie hat auch keine Informationen aus mir rausgquetscht. Trotzdem wußte sie über meine aktuelle Adresse bescheid und das tun nur wenige. Vielleicht sollte ich meine Wohnung mal nach Wanzen absuchen.

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Samstag, 7. Februar 2004
Fremde Gewässer
Heute Abend mache ich mich auf, um eine ganz besondere Spezies Mensch zu erforschen: den Homo prosecco.
Um auch einen autentischen Eindruck dieser Spezies zu erhalten, werden ein Freund und ich uns an einen jener Plätze begeben, an denen der Homo prosecco am häufigsten anzutreffen ist, ein "Event".
Eine "Event"-Agentur schmeißt ein rauschendes Fest für ihre geschätzten Kunden, eingeladen ist alles was Rang und Namen hat. Und wir.
Diese Spezies beschränkt sich auf nur wenige Verhaltensweisen und hat diese deswegen auch nahezu perfektioniert.
1.
Da wäre einmal das "Strahlende Grinsen". Auf den ersten Blick wie eine freundliche Geste wirkend, ist es beim Homo prosecco aber eine Art "Poker face", ein Schutzwall, der das Äußere vom Inneren aussperrt. In Fällen einer realen Bedrohung verzerrt sich dieses "Strahlende Grinsen" zu einem "Fletschen". In diesem Fall ist erhöhte Vorsicht geboten. Viele meiner Kollegen wähnten sich immer noch in Sicherheit, während ihr Gegenüber bereits zum Angriff ansetzte.
2.
Weiters beherrscht der Homo prosecco, das "Nippen" an einem Wein- oder Proseccoglas, daher auch der Name. Vorsicht! Nicht einfach trinken! Die sorgsam überlegte Tarnung wäre mit einem Schlag dahin, und wenn man als Spion entlarvt wird, ist alles vorbei.
3.
Um sein Gegenüber genau zu überprüfen, hat der Homo prosecco ein besonderes Begrüßungsritual entwickelt. Das "Beschnuppern". Für ungeübte Beobachter mag es erscheinen, als würden sich zwei Freunde auf die Wange küssen. Falsch! Während dieses kurzen Vorgangs wird kräftig geschnuppert und das Gegenüber sofort in eine Schublade gesteckt.

Mein Freund und ich werden uns also heute wahrlich in die Höhle des Löwen begeben und hoffentlich mit sensationellem Material zurückkehren. Betet für uns!

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